Ein Leben für die Solidarität

Gedanken zum Ableben von Josef (Sepp) Pernerstorfer 
von Ali Kohlbacher

Sepp Pernerstorfer, unser Freund und Genosse, ist am 11. März im Alter von 89 Jahren von uns gegangen. Sepp war ein Menschenfreund, ein sozialistischer Internationalist, ein Freund der Armen in Bolivien und Chile und ein treuer Freund des revolutionären Kuba. Geboren am 2. Dezember 1931 in Kirchhellen/Deutschland, besuchte er in Krems die Schule und studierte anschließend an der Hochschule für Bodenkultur in Wien Landwirtschaft, die ihn 1959 mit dem Titel Diplomingenieur auszeichnete. Er zählte zu den eher seltenen Technikern, die ihr Fachwissen brillant beherrschten und praktisch anzuwenden verstanden. Nicht nur das, er verstand es auch, sein Fachwissen und seine Erfahrung als begabter Pädagoge an Studenten zu vermitteln. Sepp war auch ein musischer Mensch. Er spielte Klavier, sang gerne und war ein begnadeter Poet, der seine Empfindungen, Gedanken und Erlebnisse in Gedichtform zum Ausdruck brachte.

All dies zusammen machte ihn zu einem geschätzten Lehrer an der Weinbauschule in Krems. Doch sein „Weltmensch sein“ und das damit verbundene Interesse an den politischen und sozialen Verhältnissen drängte Sepp dazu, 1964 als Entwicklungshelfer nach Bolivien zu gehen. Die Lebensbedingungen für seine Familie in San Ignacio, mitten im tropischen Urwald, waren nicht einfach. Er war am Aufbau einer Landwirtschaftsschule maßgeblich beteiligt und kehrte nach deren Fertigstellung 1967 zurück nach Österreich.

Doch schon 1968 folgte er dem Ruf eines weiteren Entwicklungshilfeeinsatzes in Chile. Das konservativ regierte Chile war reich an Bodenschätzen, doch diese, v.a. die Kupferminen waren in Händen mächtiger US-Konzerne und die US-hörige Regierung war taub für die Bedürfnisse der armen Bevölkerungsmehrheit. Die in den linken Parteien organisierte Arbeiterklasse wollte einen radikalen Wandel des Landes und war revolutionär gestimmt. 1970 erlebte Sepp die Wahl des Sozialisten Salvador Allende zum Staatspräsidenten, der grundlegende Reformen in allen gesellschaftlichen Bereichen einleitete. So wurden u.a. die Kupferminen verstaatlicht, die Großgrundbesitzer enteignet und das Land Genossenschaften armer Landarbeiter und Bauern übergeben, das Bildungs- und Gesundheitswesen reformiert. Für Sepp eine großartige Herausforderung, sein Wissen dem neuen, sozialistischen Chile zur Verfügung zu stellen. Er engagierte sich in der Agrarreform und beim Aufbau des Genossenschaftswesens. Die Familie wollte bleiben und Chile zur ihrer zweiten Heimat machen. Doch der von den USA unterstützte faschistische Militärputsch reaktionärer Generäle zerschlug das Werk Allendes und die Lebensplanung der Familie. Die Pernerstorfer mussten mit ihren sieben Kindern zurück nach Österreich.

Es war die Zeit der Regierung Bruno Kreisky. Er hatte nach seinen Wahlsiegen 1970 und 1971 begonnen, die auf mehrere Ministerien aufgeteilten entwicklungspolitischen Kompetenzen im Bundeskanzleramt zusammen zu fassen und war sofort bereit, Sepp in die Sektion Entwicklungshilfe des BKA als erfahrenen Experten aufzunehmen. 1986 wurde Sepp als Entwicklungsattache der österreichischen Botschaft in Mexiko in die Außenstelle in Managua ins sandinistische Nicaragua entsendet. Hier war er begleitet und unterstützt von seiner zweiten Frau Friedl Anlaufstelle, Berater und Vermittler für eine Reihe österreichisch-nicaraguanischen Städtepartnerschaften und österreichischen Solidaritätsgruppen, die in Abstimmung mit den Behörden und Bürgermeistern, eine große Zahl von Hilfsprojekten in den verschiedensten Bereichen, Regionen und Gemeinden realisierten. In seine Amtszeit fielen der von den USA finanzierte Contra-Krieg und die Wahl einer neoliberalen Regierung in Nicaragua. 1994 kehrte Sepp mit Friedl in seinen wohlverdienten Ruhestand nach Österreich zurück.

Sepp Pernerstorfer (re.) mit der kubanischen Botschafterin a.D. Norma Goicochea Estenoz (2005 – 2011) und Karl Blecha (li.)

Hier in Wien begann die Integration von Friedl und Sepp in die Österreichisch-Kubanische Gesellschaft (ÖKG), die Soliarbeit für das revolutionäre Kuba und die Freundschaft mit den kubanischen Menschen. Kuba hatte nach dem Ende der Sowjetunion und der COMECON-Auflösung bei anhaltender und sich weiter verschärfenden kriminellen Wirtschafts- und Finanzblockade Kubas durch die USA eine außerordentlich und bis heute andauernde schwierige wirtschaftliche Lage, die den Menschen zunehmende Opfer abverlangte, um die revolutionären Errungenschaften zu erhalten. Die ÖKG begann neben der politischen Solidarität die materielle Solidarität zu entwickeln. Ich wurde zum Vorsitzenden der ÖKG gewählt und wir schickten Hilfscontainer mit medizinischem Material, Geräten, Computern für kubanische Krankenhäuser und Labors sowie Materialien für Schulen nach Kuba. Die großzügigen Spenden unserer Mitglieder machten diese Hilfslieferungen möglich und Sepp war dabei als Vorsitzender des ÖKG-Kuratoriums eine große Hilfe. So begleitete er eine von der Bundeswirtschaftskammer und der ÖKG organisierte Delegation österreichischer Unternehmen, um Wirtschaftskontakte mit kubanischen Stellen und Betrieben anzuknüpfen. 2005 – 2007 war Sepp einstimmig gewählter Präsident der ÖKG. Doch die Zeit blieb nicht stehen und nach einer Funktionsperiode traten gravierende gesundheitliche Probleme auf. Sepp hat sich nie geschont und hat sich und seinem Körper viel zugemutet. In den letzten Jahren seines Lebens verlor Sepp seine Sprech- und Gehfähigkeit.

Sepp war bis zu seinem bewussten Lebensende überzeugt, dass eine bessere, gerechtere, humanere, solidarischere und freiere Welt möglich ist, als sie der Kapitalismus zulässt. Sepp wir verabschieden uns mit „Hasta la victoria siempre“.


Die Verabschiedung von Josef Pernerstorfer findet am Freitag, 26. März 2021, um 13 Uhr in der Feuerhalle Wien-Simmering statt.

4 Kommentare

  1. Soy testigo de la gran solidaridad y fraternidad que, nuestro amigo Josef P. Entrego a la lucha de Chile y los pueblos oprimidos del continente Latinoamericano. D. E. P. Amigo.

  2. „Hasta La Victoria Siempre“ hätte auch unser Comandante Che Guevara gesagt! Lieber Josef Pernerdorfer „Ruhe sanft in Frieden“ Wir vermissen dich!

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